Heilbronner Stimme vom 2.6.2000

Keine Angst vor "Corpus Christi"

Das Theaterstück "Corpus Christi" entzweit nun auch die Gemeinschaft der Intendanten. Während der Heilbronner Theaterchef Klaus Wagner nach den teilweisen Absagen für die Gastspiele heftige Kritik an seinen Kollegen übte, verteidigte sich der Ulmer Intendant Ansgar Haag.

Die öffentliche Diskussion um "Corpus Christi" sei zwar richtig und notwendig, betonte Haag. Aber "wir müssen als Intendanten auch die Freiheit haben, Nein zu sagen."

Durch den Streit um "Corpus Christi" werde die Frage der künstlerischen Freiheit neu entfacht.

Dabei ist das eine Extrem aus Sicht von Haag genauso falsch wie das andere. "Wir können nicht sagen, nur weil es entartete Kunst ist, können wir es nicht zulassen. Genauso wenig können wir aber sagen, nur weil es entartete Kunst ist, müssen wir es zulassen", meinte Haag. Er hat das geplante Gastspiel des Heilbronner Theaters in Ulm vor rund einer Woche abgesagt.

"Ich gebe zu, dass es strategisch nicht geschickt war, erst zu- und dann abzusagen", räumte Haag ein.

Er habe seine Meinung über das Stück aus einer Vielzahl von Gründen geändert. Dabei habe auch ein Brief der Ulmer CDU an den Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) eine Rolle gespielt."

Aber das war nicht der entscheidende Grund", sagte Haag. Er widersprach auch Berichten, wonach er die Entscheidung getroffen habe, um die Abonnement-Kunden des Theaters nicht vor den Kopf zu stoßen.

In dem stark kritisierten zeitgenössischen Passionsspiel "Corpus Christi" von Terrence McNally werden Jesus und seine Apostel als trinkfreudige Homosexuelle dargestellt. (lsw)